Schnüffelstoffe
Schnüffelstoffe können zu physischer oder psychischer Abhängigkeit führen.
- Was sind Schnüffelstoffe?
- Wirkung
- Sucht
- Arten
- Rückblick
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WAS SIND SCHNÜFFELSTOFFE?
„Schnüffelstoffe“ bezieht sich auf die Dämpfe giftiger Substanzen, die eingeatmet werden, um möglichst schnell high zu werden. Es gibt weit über Tausend Substanzen, alltägliche Produkte, die man in jedem Baumarkt und Haushalt finden kann. Folgende Dinge werden besonders häufig als Schnüffelstoff missbraucht: Schuhcreme, Klebstoff, Methylbenzol1, Benzin, Feuerzeuggas, Lachgas2, Sprühfarbe, Korrekturflüssigkeit, Reinigungsmittel, Amylnitrit3 oder „Poppers“, Deodorants für Umkleideräume sowie Lackverdünner und andere Lösungsmittel.
Die meisten haben eine ähnliche Wirkung wie Narkosemittel, welche die Körperfunktionen herabsetzen. Nach einem anfänglichen High und einer Enthemmung folgen Schläfrigkeit, Benommenheit und Unruhe.
Die Substanzen werden über die Lunge unmittelbar absorbiert und gelangen über den Blutkreislauf direkt ins Gehirn und zu anderen Organen, wo sie zum Teil irreversible physische und psychische Schäden verursachen.
Die Konsumenten atmen die chemischen Dämpfe oft direkt aus offenen Kanistern, Flaschen oder Tuben ein (schnüffeln). Häufig werden die Lösungsmittel auch auf ein Tuch geträufelt („huffing“) oder in eine Papier- oder Plastiktüte gegeben („bagging“) und vor die Nase gehalten. Oder Jackenärmel werden mit Gas gefüllt, um daraus zu inhalieren. Eine besonders gefährliche Art des Missbrauchs ist das direkte Sprayen der Substanz in Nase und Rachen. Beim „bagging“ in geschlossenen Räumen besteht erhöhte Erstickungsgefahr.
„Poppers“ und „Whippets“, die bei Konzerten und in Discos verkauft werden, sind giftige chemische Substanzen, die zu irreversiblen Gehirnschäden und körperlichen Defiziten führen können.
SZENENAMEN
Schnüffelstoffe | Aroma for men | Moon gas | Whippets |
Air blast | Lachgas | Thrust | Hardware |
Highball | Snotballs | Bullet bolt | Poppers |
Satan's secret | Bolt | Oz | Whiteout |
Ames | Locker room | Toilet water | Heart-on |
Hippie crack | Spray/td>Buzz bombQuicksilber | ||
Shoot the breeze | Boppers | Pearls | Hiagra in a bottle |
Amys | Medusa | Toncho | Rush snappers |
Huff | Texas shoe shine | Discorama | |
Snappers | Bullet | Poor man's pot |
WIE WIRKEN SICH SCHNÜFFELSTOFFE AUF DEN KÖRPER AUS?
Schnüffelstoffe können Herz, Nieren, Gehirn, Leber, Knochenmark und andere Organe schädigen.
Schnüffelstoffe entziehen dem Körper Sauerstoff und zwingen das Herz, unregelmäßig und schneller zu schlagen.
Konsumenten berichten von Übelkeit, Nasenbluten sowie vom Verlust des Hör- und Geruchssinns. Chronischer Konsum kann zu Muskelschwund und verringertem Muskeltonus führen. Zudem schädigen die chemischen Gifte zunehmend die Lungen und das Immunsystem.
Ein Konsument von Schnüffelstoffen riskiert, eines plötzlichen Todes zu sterben. Der Tod kann beim ersten oder auch erst beim 100. Mal eintreten.
Es war eine stetige Entwicklung bis zu meinem 17. Lebensjahr, die mit dem Schnüffeln von Klebstoffen und Gasen und dem Konsum von ‚Magischen Pilzen‘ begann. Dann fing ich mit Cannabis an. Ich gab mein ganzes Geld dafür aus und kaufte mir soviel davon, wie ich nur bekommen konnte. Dann war ich alt genug, um in die Clubs zu gehen, wo ich anfing, Amphetamine und Ecstasy zu nehmen ...
Ich begann mit Leuten herumzuhängen, die Heroin nahmen. Bald nahm ich es auch und immer mehr, bis ich süchtig wurde. Ich hatte damals keine Ahnung, welchen Schaden mir das später zufügen würde ... nämlich, dass ich eine Gefängnisstrafe nach der anderen absitzen würde, weil ich Einbrüche beging und meine Familie bestahl. Der Schmerz und Kummer, den ich verursacht habe, war schlimmer als der materielle Schaden durch das Stehlen.
Ich war in der vierten Klasse, als mich ein sogenannter ‚Freund‘ an Schnüffelstoffe heranführte. Ich war jung und hatte keine Ahnung. So begann ich, täglich Gas zu schnüffeln, und behielt das bis zur achten Klasse bei. Meine motorischen Fähigkeiten sind erbärmlich und ich verbringe endlose Stunden damit, einfach Löcher in die Luft zu starren, ohne irgendeinen Gedanken fassen zu können. Es ist, als ob nur mein Körper da ist, aber nicht ich. Es fällt mir sehr schwer, einer Arbeit nachzugehen. Mittlerweile lebe ich schon 12 Jahre allein. Äußerlich sehe ich normal aus, aber sobald ich versuche, Interesse für Frauen zu zeigen und sie anzusprechen, wird offensichtlich, dass ich nur dahinvegetiere. Ich bin es leid, so zu leben. Lieber wäre ich tot, als auf diese Art weiterzuleben, denn mir scheint, dass ich sowieso schon tot bin.
WIRKUNGEN VON SCHNÜFFELSTOFFEN
Kurzzeitwirkungen:
Die meisten Schnüffelstoffe wirken direkt auf das Nervensystem ein und wirken persönlichkeitsverändernd. Innerhalb von Sekunden treten Vergiftungserscheinungen und andere Wirkungen vergleichbar denen von Alkohol auf. Es gibt eine Reihe von Wirkungen, die während oder kurz nach Gebrauch eintreten können, wie:
- Undeutliches Sprechen
- Ein Gefühl der Trunkenheit, Schwindel oder Benommenheit
- Unfähigkeit zur Koordination von Bewegungen
- Halluzinationen und Wahnvorstellungen
- Feindseligkeit
- Apathie
- Verminderte Urteilsfähigkeit
- Bewusstlosigkeit
- Starke Kopfschmerzen
- Ausschlag an Nase und Mund
- Fortgesetztes Schnüffeln dieser Substanzen kann zu unregelmäßigem Herzschlag bzw. Herzrasen, zu Herzversagen oder zum Tod binnen Minuten führen.
- Das Einatmen dieser Substanzen führt zu Sauerstoffmangel in der Lunge und zum Versagen des Zentralnervensystems, was zum Tod durch Ersticken führen kann.
Langzeitwirkungen
Langzeit-Abhängige klagen über:
- Muskelschwäche
- Desorientierung
- Motorische Probleme
- Reizbarkeit
- Depressionen
- Schwere und zum Teil irreversible Schädigung von Herz, Leber, Nieren, Lunge und Gehirn
- Gedächtnislücken und verringerte Intelligenz
- Verlust des Gehörs
- Schädigung des Knochenmarks
- Tod durch Herzversagen oder Sauerstoffmangel
Der chronische Gebrauch von Schnüffelstoffen wurde in Zusammenhang mit einer Reihe schwerer gesundheitlicher Probleme gebracht. Das Schnüffeln von Klebstoffen und Farbverdünnern schädigt die Nieren. Das Schnüffeln von Methylbenzol und anderen Lösungsmitteln schädigt die Leber. Ebenso führt der Missbrauch von Schnüffelstoffen zu Gedächtnislücken und verringerter Intelligenz.
SIND SCHNÜFFELSTOFFE SUCHT ERZEUGEND?
Schnüffelstoffe können zu physischer oder psychischer Abhängigkeit führen. Vor allem nach fortgesetztem Gebrauch über mehrere Tage hinweg berichten Betroffene von einem starken Verlangen, diese Stoffe weiterhin zu inhalieren.
Dauerkonsumenten, die von Schnüffelstoffen herunterkommen, leiden unter Entzugserscheinungen wie Übelkeit, Schweißausbrüche, Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Erregung, Zittern und Halluzinationen. In schweren Fällen kann der Entzug Krampfanfälle auslösen.
Morgen ist es sechs Jahre her, dass unser Sohn Justin starb. Er war sechzehn. Er starb, nachdem er Raumdeo inhaliert hatte, ein klarer Fall von Schnüffelstoffmissbrauch. Sein sinnloser Tod erschütterte alle, die ihn kannten. Justin war ein Schüler mit ausgezeichneten Leistungen, der das Leben liebte und voller Enthusiasmus war ... Er war für viele eine Inspiration ... Niemals wird mich die Frage loslassen, ob Justin heute noch unter uns wäre, wenn er die Risiken gekannt hätte, die er einging.
INTERNATIONALE STATISTIKEN
22 % der Konsumenten, die durch Schnüffelstoffe starben, hatten diese früher nicht verwendet. In der pakistanischen Hauptstadt Karatschi schnüffeln 80 bis 90 % der Straßenkinder Klebstoffe oder Lösungsmittel.Eine US-Erhebung ergab, dass von 2002 bis 2006 durchschnittlich 593.000 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren zum ersten Mal Schnüffelstoffe ausprobiert haben – und zwar erstmals in dem Jahr vor der Erhebung.
- Mehr als 22,9 Millionen Amerikaner haben schon mal irgendwann mit Schnüffelstoffen experimentiert.
- Nach einer Statistik aus dem Jahr 2008 gab es in einem US-Bundesstaat durchschnittlich über 3800 Notfallbehandlungen und 450 stationäre Krankenhausaufenthalte pro Jahr wegen Vergiftungen mit Schnüffelstoffen.
- In den USA hat einer von fünf Schülern der achten Klasse bereits Schnüffelstoffe ausprobiert. Im Jahr 2007 waren Schnüffelstoffe unter 12- und 13-jährigen Schülern die am häufigsten verwendeten Substanzen.
- 22 % der Konsumenten von Schnüffelstoffen, die eines plötzlichen Todes starben, waren Erstkonsumenten.
- Gemäß dem Europäischen Schulprojekt über Alkohol und andere Drogen haben 20 % aller 12- bis 16-jährigen Jugendlichen bereits Schnüffelstoffe ausprobiert.
- In der kenianischen Hauptstadt Nairobi leben schätzungsweise 60.000 Kinder auf der Straße. Fast alle sind von irgendwelchen Schnüffelstoffen abhängig.
- In der pakistanischen Hauptstadt Karatschi leben schätzungsweise 14.000 Kinder auf der Straße. 80 % bis 90 % von ihnen schnüffeln Klebstoffe oder Lösungsmittel.
- Im Jahr 2003 hatten in Deutschland 11 % aller 15- und 16-jährigen Schüler mindestens einmal in ihrem Leben Schnüffelstoffe ausprobiert.
VERSCHIEDENE ARTEN VON SCHNÜFFELSTOFFEN
Schnüffelstoffe können in vier Kategorien eingeteilt werden:
FLÜSSIGKEITEN, die bei Raumtemperatur verdampfen. Sie sind in zahlreichen handelsüblichen Haushalts- und Industrieartikeln wie Farbverdünnern, Fettlösern, Benzin, Klebstoffen, Korrekturflüssigkeiten und Filzschreibern enthalten.
SPRAYS wie z. B. Sprühfarben, Deodorants und Haarsprays, pflanzliche Ölsprays zum Kochen und Sprühverband.
GASE, einschließlich medizinische Narkosemittel (Äther, Chloroform und Distickstoffmonoxid, genannt „Lachgas“), Feuerzeuggas (Butan), Campinggas (Propan), Treibgas für Sprühschlagsahne sowie Kältemittel.
NITRITE (chemische Verbindungen, die in Konservierungsstoffen, Lederreinigern, Raumdeodorants etc. vorkommen und auch medizinische Anwendung finden) gelten als spezielle Kategorie von Schnüffelstoffen und wirken direkt auf das Zentralnervensystem, Gehirn und Rückenmark. Sie werden hauptsächlich wegen ihrer sexuell stimulierenden Wirkung geschnüffelt und sind als „Poppers“ oder „Snappers“ bekannt.
Drei Tage lang gab mir ein Freund Klebstoff – umsonst. Am vierten Tag verlangte er Geld von mir. Mittlerweile war ich schon abhängig und musste ihm das Geld geben, um an eine Tube Klebstoff zu kommen. Ich brauchte täglich mehrere Tuben Klebstoff.
SIND SCHNÜFFELSTOFFE LEGAL?
„Ich redete tatsächlich mit ‚Gas-Kumpeln‘ (Halluzinationen), wie ich sie nannte. Einmal, als ich geschnüffelt hatte, dachte ich, mein Freund sei gestorben, weil er mir als Halluzination erschien.
Ich schnüffelte nicht nur wegen des Anblicks, sondern auch wegen der Gesellschaft dieser eingebildeten ‚Freunde‘, die zu mir kamen, wenn ich damit anfing. Ich kämpfe nun schon seit sieben Monaten mit dieser Sucht.“ – ErinObwohl Schnüffelstoffe in den USA nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, haben 38 US-Bundesstaaten den Verkauf und die Abgabe bestimmter Produkte an Jugendliche eingeschränkt, die gewöhnlich zum Schnüffeln missbraucht werden. Einige Staaten haben Bußgelder, Gefängnisstrafen oder eine Behandlungspflicht für den Verkauf, die Abgabe, Verwendung und/oder den Besitz von Schnüffelstoffen eingeführt.
In einigen US-Bundesstaaten verbieten Gesetze auch den Konsum von Lachgas zu Entspannungszwecken.
Einige Gemeinden im Westen und Süden Australiens haben örtliche Gesetze verabschiedet, die das Schnüffeln von Benzin verbieten. Im Staat Victoria und im Westen Australiens darf die Polizei Personen durchsuchen, wenn ein begründeter Verdacht auf den Besitz von Schnüffelstoffen besteht, und darf diese beschlagnahmen.
In England und Wales ist der Verkauf leicht flüchtiger Stoffe an Jugendliche unter achtzehn Jahren verboten, falls Grund zur Annahme besteht, dass sie diese zum Schnüffeln und high werden missbrauchen.
SCHNÜFFELSTOFFE: EIN RÜCKBLICK
Das Inhalieren chemischer Substanzen wie Weihrauch, Öle, Harze, Gewürze oder Parfüms zur Bewusstseinsveränderung oder als Bestandteil religiöser Zeremonien geht zurück auf das antike Ägypten, Babylonien (heutiger Irak), Indien und China.
Einige Forscher behaupten, dass das Einatmen von Gasen zur Bewusstseinsveränderung von den Priesterinnen des Orakels von Delphi1 im antiken Griechenland praktiziert wurde.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Narkosemittel Lachgas, Äther und Chloroform landläufig als Rauschmittel verwendet.
Der britische Wissenschaftler Sir Humphry Davy machte Lachgas populär, das zu jener Zeit als billiger Ersatz für Alkohol angesehen wurde. Er veranstaltete regelrechte Lachgaspartys und prägte auch den Begriff „Lachgas“ im Jahre 1799. Davy, der die betäubende Wirkung bemerkte, schlug vor, das Gas auch für Operationen zu verwenden, was aber erst fünfzig Jahre später versucht wurde.
Während des 19. Jahrhunderts wurden in Europa und den USA Narkosemittel zur Entspannung eingenommen.
Zur Zeit der Prohibition in den zwanziger Jahren, als Alkohol in den USA verboten war, wurde Äther als Entspannungsdroge benutzt.
In den ’40er-Jahren wurde der Gebrauch von Lösungsmitteln, vor allem Benzin, zur Entspannung populär.
In den ’50er-Jahren stieg der Missbrauch von Schnüffelstoffen in den USA an und ist heute unter Jugendlichen weit verbreitet.
In den ’60er-Jahren wurde bereits eine große Anzahl kommerzieller Lösungsmittel geschnüffelt, wie Verdünnungsmittel für Farben und Lacke, Nagellackentferner, Schuhcreme, Feuerzeuggas, Sprayfarbe etc.
In den letzten Jahren ist das Schnüffeln von Klebstoffen und Gasen zu einem weit verbreiteten Problem unter obdachlosen Kindern in Südafrika, Mexiko, Osteuropa, Kenia und anderen Regionen der Welt geworden. Straßenkinder schnüffeln diese Stoffe, um den Hunger und die Kälte nicht mehr zu spüren und ihre Verzweiflung zu vergessen.
Das Schnüffeln von Gasen und Sprühfarben ist auch in ländlichen Gebieten Kanadas, der USA, Australiens, Neuseelands sowie auf einigen Pazifikinseln weit verbreitet.
Quelle: drugfreeworld.org, 2012